Erst kam die Liebe, dann die Flex: Meine Beziehungsprobleme mit der Nord

Nord Support-Choreo auf der Nordkurve. Foto: Antje Frohmüller

Am Dienstag, 28. Oktober, erlebte die alte Nordkurve des Millerntor-Stadions ihr letztes Heimspiel. Ein Teil von ihr wird im zukünftigen FC St. Pauli-Museum weiterleben – dank unserem Mitglied Olaf Bartsch und seiner Helfer Jan Herdemann und Philipp von Nord Support. Hier Olafs augenzwinkernder Bericht mit vielen Bildern.

„Manchmal muss man erkennen, dass eine Beziehung einfach am Ende ist. Da hilft dann der Gang zum Paartherapeuten nicht wirklich weiter. Wir haben wirklich alles versucht, um miteinander klar zu kommen: Abrisstermin um Abrisstermin verschoben, zum Schluss ein Tanz auf ganz großer Bühne gegen den BVB. Doch am Ende steht die Erkenntnis, dass es so nicht weitergehen kann. Es muss sich etwas ändern, vielleicht bekommt die Beziehung dann eine neue Chance.

Mein erstes Mal war auf der Nord. Doch am Ende der Beziehung tut die Erinnerung weh. Als ich erfuhr, dass auch nach dem letzten Spiel zunächst nur das Sitzplatzprovisorium abgebaut und nicht wirklich die ganze Tribüne abgerissen werden sollte, wurde alles noch schlimmer.

Innerlich hatte ich schon meinem Therapeuten gekündigt und war auf dem Weg zu einem neuen Psychologen, um mit meinem Gefühlen klar zu kommen: Wieso entblättert sich die Nord noch einmal vor mir und zeigt mir ihre Rundungen, ihren sanften Erdwall hinter den Stufen? Was soll das jetzt? Ich will das so nicht mehr.

Und mal ehrlich: Ein Erdwall ohne Bäume ist auch nicht mehr wie früher und er wird es auch nie wieder sein. Irgendwann musste ich mir eingestehen, dass ich einem Gespenst hinterherlaufe.

Es tat gut, die Flex rauszuholen und mit dem Abriss der alten Wellenbrecher zu beginnen. Die Blockschilder zu entfernen. Das Fluchttor umzulegen. Jetzt werden Tatsachen geschaffen. Es ändert sich vieles, der Blick geht nach vorn.

Vielleicht werden die Nord und ich ja doch zusammen alt und erinnern uns eines Tages gemeinsam, wie unsere lange Beziehung einmal ihren Anfang nahm: Ich werde im FC St. Pauli-Museum unten in der Gegengerade an dem Blockschild vorbei auf den alten rostigen Wellenbrecher zugehen, mich anlehnen und für meinen Moment die Augen schliessen: Ich liebe dich, ich träum von dir, in meinen Träumen …“

Olaf Bartsch

… ist aktives Mitglied der AG Archiv/Sammlung bei 1910 e.V., hilft als agiler “Infobesorger” für Holger und Veronika Tribian in Duisburg beim Bau des Miniatur-Millerntors und ist neuerdings auch “Uhrenpapa” der neuen “alten” Analog-Uhr am Millerntor. Vielen ist er auch als Stadionguide und durch sein Tagebuch zur Rekonstruktion des Millerntors bekannt, die er auf www.millerntor.net auch fotografisch begleitet.