FAST UNVERGESSEN: HERBERT MÜLLER

Karl Miller, Harald Stender: Diese Namen sind relativ vielen FCSP-Fans ein Begriff. Andere Spieler aus den 30er- und 40er-Jahren sind leider nur #FastUnvergessen – und doch bemerkenswert.
So wie Herbert Müller, dem ihr auch in unserer Online-Ausstellung „Fußball in Trümmern. FC St. Pauli im ‚Dritten Reich‘“ begegnen könnt (www.fcstpauli-drittes-reich.de). Nachdem der kleine Herbert schon als Straßenfußballer mit seinen Freunden Günter Peine und Harald Stender das Heiligengeistfeld und die Hinterhöfe des Viertels unsicher gemacht hatte, meldete ihn sein Vater 1931 beim FC St. Pauli an – nicht zuletzt, um Sohnemann Herbert von einem Eintritt in die „Hitler-Jugend“ (HJ) abzuhalten.
Der Plan ging auf. Herbert Müller konzentrierte sich auch nach 1933 aufs runde Leder statt auf Uniformen. Dem Eintritt in die HJ verweigerte er sich selbst dann noch, als der „Deutsche Reichsbund für Leibesübungen“ 1937 verfügte, dass „Jugendliche nur noch spiel- beziehungsweise startberechtigt (sind), wenn sie Mitglied der Hitler-Jugend sind.“
1938 „umging“ Herbert Müller das Jugend-Spielverbot, indem er in die 1. Mannschaft aufrückte. Auf seiner Stammposition „halbrechter Stürmer“ lieferte er sich u.a. packende Duelle mit Uwe Seelers Vater Erwin. (Die Rückennummer „9“ auf der „Sammelkarte“ haben wir übrigens als Platzhalter eingesetzt. Feste Rückennummern wurden erst viele Jahrzehnte später eingeführt.)
Als 1939 der Zweite Weltkrieg begann und viele Mitspieler zur Wehrmacht eingezogen wurden, blieb Müller dieses Schicksal vorerst erspart. Wie sein Vater arbeitete er bei der Hamburger Großwerft Blohm & Voss und galt als „kriegswichtiger Arbeiter“ – weil er U-Boot-Teile zeichnete und so dennoch Teil der Kriegsmaschinerie wurde, wie er selbst auch später noch reflektierte.
Nach Kriegsende wurde Herbert Müller Sichtungstrainer beim Hamburger Fußballverband und entdeckte unter anderem Stefan Effenberg und Holger Stanislawski, als diese noch A-Jugendspieler waren. Dem FC St. Pauli blieb Herbert im Herzen immer verbunden und besuchte bis kurz vor seinem Tod im Dezember 2012 regelmäßig die Heimspiele am Millerntor, um seinen FC St. Pauli anzufeuern. „Für mich ist das ein Wunder, was hier geschieht“, staunte er über volle Tribünen und die Stadion-Rekonstruktion.
An seine aktive Zeit als Fußballer erinnerte sich Herbert Müller Zeit seines Lebens gern. Ein besonderes Highlight: „Den HSV haben wir mal mit acht Toren so richtig einsacken können. Umgezogen haben wir uns im Keller vom ‚Hotel Mau‘ am Holstenwall. Um zum Platz zu kommen, musste man zwei Straßen überqueren. Was war das für ein Weg, besonders im Winter!“
Übrigens: Rekordergebnisse wie der 8:1-Derbysieg von 1943, auf den Herbert sich bezieht, waren während des Krieges nicht ungewöhnlich. Auch zu diesem Thema findet ihr Hintergründe in unserer Online-Ausstellung „Fußball in Trümmern“.
Foto: Sammlung 1910 e.V.