Das FC St. Pauli-Museum trauert um Thomas Glöy 

Das Museum, der FC St. Pauli und die Fanszene haben einen langjährigen, aktiven Mitstreiter verloren: Thomas Glöy hat die Geschichte und Fankultur des FC St. Pauli nicht nur dokumentiert, sondern über viele Jahre mitgestaltet und geprägt. Wie wir am Mittwoch (15.10.) erfuhren, ist Thomas am Montag im Alter von 57 Jahren verstorben. In tiefer Trauer denken wir an einen außergewöhnlichen Menschen, Kollegen und Freund.

Seit den Anfängen des 1910 – Museum für den FC St. Pauli e. V. im Jahr 2012 war Thomas Glöy, Mitgliedsnummer 0033, ein fester Teil des entstehenden FC St. Pauli-Museums. Zunächst in ehrenamtlicher Tätigkeit neben seinem Beruf im Sportjournalismus, ab 2021 als fest angestellter Mitarbeiter in den Bereichen Kuratorium, Recherche und Archiv.

Thomas-Nachruf

Die Resultate von Thomas’ Arbeit finden sich nahezu überall: in der Dauerausstellung, in Tausenden von Digitalisaten und Archiveinträgen, in Forschungsergebnissen und darauf aufbauenden Publikationen, Veranstaltungen und Sonderausstellungen, in der überregionalen Zusammenarbeit im „Netzwerk deutschsprachiger Fußballmuseen“ – und nicht zuletzt im Podcast „FCSP-Geschichte(n)“. Das FC St. Pauli-Museum wäre ohne Thomas ein anderes.

Als „wandelndes Vereinsgedächtnis“ hatte Thomas selbst vermeintlich obskure Fakten aus der braun-weißen Geschichte schnell und vor allem fundierter parat als jede Suchmaschine. Thomas war unter anderem Gründungsmitglied des bis heute erscheinenden Fanzines „Der Übersteiger“, Mitbegründer der Singing Area in Block 1 und gehörte zum Initiator*innenkreis des „Bündnis Aktiver Fußballfans“ (BAFF), der Fankneipen „Zum letzten Pfennig“ und „Jolly Roger“ sowie der „Arbeitsgemeinschaft Interessierter Mitglieder“ (AGiM) im FC St. Pauli.

Als der FC St. Pauli in den 90er-Jahren damit experimentierte, auch Fans auf offiziellen Pressekonferenzen das Spielgeschehen kommentieren zu lassen, war Thomas, damals schon Übersteiger-Redakteur, ebenso dabei wie im Hintergrundchor der legendären „You’ll Never Walk Alone“-Version der Rubbermaids, die jahrelang als Stadionhymne am Millerntor gespielt wurde.

In einer Folge des Museumspodcasts erzählt Thomas, wie und wann er zum FC St. Pauli fand: „Mein Start: 3. August 1991, 3:1 gegen Bayer Uerdingen, Tore Driller, Manzi, Sailer.“ Ein Bekannter hatte den gebürtigen Lübecker mit der Frage „Was machst Du am Sonnabend? Komm mal mit, St. Pauli, ist geil da!“ ans Millerntor gelockt. Ein Stadionbesuch mit Konsequenzen: „Alles, was sich in den vergangenen gut 30 Jahren bei mir ereignet hat, sei es nun privat oder beruflich, hat mit St. Pauli zu tun oder sich daraus ergeben, dass ich irgendwann hierhergekommen bin.“

In der „Rekordsaison“ 1992/93 mit 46 Spieltagen aufgrund der Zusammenführung der zweiten Ligen kaufte Thomas seine erste Dauerkarte und nahm neben allen Heimspielen auch 19 von 23 Auswärtsspielen mit – nach eigenen Angaben seine „beste Quote“. Als in der Rückrunde der Saison bei einer von vielen Auswärts-Rücktouren darüber gesprochen wurde, dass das legendäre „Millerntor Roar!“-Fanzine sein Erscheinen einstellen werde, waren Thomas und andere sich einig, dass es einen MR!-Nachfolger geben müsse. Beim ersten Treffen der zukünftigen Übersteiger-Redaktion im Fanladen war Thomas dabei und blieb bis 2004 festes Redaktionsmitglied.

Der Rest – und noch so vieles mehr – ist Geschichte. Kein Nachruf, kein Rückblick kann der vielschichtigen, humorvollen und klugen Persönlichkeit Thomas Glöys in Gänze gerecht werden. Ein FC St. Pauli, ein FCSP-Museum ohne Thomas? Das kommt sicher nicht nur uns wie ein Ding der Unmöglichkeit vor.

Lieber Thomas: You’ll never walk alone! Wir werden Dich immer vermissen – und wir fühlen mit den vielen Menschen, denen Du jetzt ebenso sehr fehlst wie uns.

Foto: Sabrina Adeline Nagel